Allgemein
Grundsätzliches zum Stromnetz
Veröffentlicht: 12.02.2022
Lesedauer: 2 Minuten
Bevor die Frage aufkommt, welche Art Netzersatz gewählt werden sollte, stellt sich die Frage nach dem Warum. Unser Stromnetz in der DACH-Region ist doch eins der stabilsten und zuverlässigsten der Welt. Oder?

Grundsätzlich stimmt das im Großen und Ganzen. Deutschland, Österreich und die Schweiz haben ein sehr stabiles und zuverlässiges Stromnetz. Zumindest war das in der Vergangenheit so. Denn mittlerweile gibt es immer mehr Faktoren, die diese Stabilität Stück für Stück reduzieren. Als Beispiel dienen zwei Störfälle, die sich im Jahr 2021 zugetragen haben: Binnen eines Jahres wurde das europäische Verbundnetz zweimal aufgetrennt, um großflächige Stromausfälle zu verhindern. Der erste Störfall ereignete sich 08.01.2021, der zweite am 24.07.2021 (Details nachzulesen auf https://www.netzfrequenzmessung.de/). Diese Trennungen des europäischen Netzes sind prinzipiell nicht tragisch, aber solche Störfälle sind einerseits selten und zeigen andererseits, dass der dicke Sicherheitspelz unseres Stromnetzes langsam aber sicher dünner wird.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Ob nun durch Industrie, Elektromobilität oder andere Verbraucher – der Stromverbrauch steigt kontinuierlich. Auf der Gegenseite wird das Stromangebot aber stetig volatiler. Diese Volatilität beruht grundsätzlich auf zwei Faktoren: Einerseits werden konventionelle Kraftwerke abgeschaltet (etwa Atomkraftwerke Grundremmingen, Brokdorf und Grohnde zum 31.12.2021 – Leistung zusammen 4180 MW), andererseits haben erneuerbare Energien einen immer größeren Anteil an der Stromerzeugung.
Der Umweltschützer wird sagen, dass das auch gut und richtig ist, sind doch konventionelle Kraftwerke regelrechte Dreckschleudern. Der Energieversorger wird entgegnen, dass regenerative Energiequellen wenig verlässlich sind, und somit – zumindest zeitweise – die Nachfrage nicht vollumfänglich bedienen können. Lange Rede, kurzer Sinn: beide haben Recht. Da an dieser Stelle nicht auf Bedenken im Umweltsinne eingegangen werden soll, sondern auf die Stabilität des Netzes, haben wir ein Diagramm erstellt, welches den Strommix in Deutschland darstellt.
Bei Betrachtung des Tortendiagramms fällt auf, dass erneuerbare Energiequellen mittlerweile über 50 Prozent des Stroms stellen. Nun kennt jeder die tristen Tage, an denen der Himmel bewölkt ist und kein Wind geht. Das sind jene Tage, an denen so gut wie kein Solarstrom produziert wird und – zumindest an Land – den Windkraftanlagen die Puste ausgeht. Das ist also einer der Faktoren, der die Stabilität des Stromnetz negativ beeinflusst.
Ein weiterer, und noch dazu immer gefährlicherer Punkt ist die Bedrohung aus dem Internet – gemeint sind Hackerangriffe. Jeder kennt die einschlägigen Nachrichten, dass Firmen, Behörden, aber auch Privatleute Opfer von Cyber-Angriffen wurden. Kriminelle verschaffen sich Zugang zu anderen Computern, kapern diese und haben damit die Kontrolle über das IT-System. Die Beweggründe dafür sind vielfältig: Beispielsweise um Daten zu verschlüsseln und nur gegen Entgelt wieder zu entschlüsseln; um Daten auszuspähen oder – und hier betrifft es die kritische Infrastruktur ganz besonders: um Schaden anzurichten.
Und dieser Schaden kann elementar sein. Der Begriff „kritische Infrastruktur“ ist spätestens seit Corona auch in den Leitmedien immer wieder zu hören. Dahinter verbirgt sich, vereinfacht gesagt, folgende Definition: Anlagen und Systeme, die für das gesellschaftliche Leben und das Gemeinwohl von wesentlicher Bedeutung sind, und deren Ausfall erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft hätte. Zur kritischen Infrastruktur gehört demzufolge auch das Stromnetz.
Begründet auf verschiedenen Tatsachen, etwa durch fortschreitende Digitalisierung oder kriminelle Energie, sind kritische Infrastrukturen gar nicht so sicher, wie vielleicht zunächst vermutet. Als Beispiel reicht ein Blick in die USA: Ende April wurde dort eine Pipeline Opfer eines Hackerangriffs. Die Folgen waren bald für viele US-Bürger spürbar – der Kraftstoff wurde an unzähligen Tankstellen knapp. Obwohl Diesel und Benzin durchaus in den großen Lagern vorhanden war, konnte er (bedingt durch die lahmgelegte Pipeline) schlicht und einfach nicht mehr in ausreichenden Mengen verteilt werden.
Die gute Nachricht in diesem Fall: Die Pipeline (oder deren Steuerung) wurde nicht zerstört. Die schlechte Nachricht ist, dass solche Art von Angriffen also durchaus möglich sind, wie die Amerikaner am eigenen Leib erfahren mussten. Auch hierzulande sind solche Szenarien keine Fiktion mehr. Nur weil heute das Stromnetz stabil ist, heißt das leider nicht, dass es auch morgen noch so ist. Daher ist man gut beraten, wenn man dem Sprichwort folgt: Vorsicht ist besser als Nachsicht.